Hierfür sind im Zeitalter der Digitalisierung einige Veränderungen nötig.
Weltweit werden aktuell Rekordinvestitionen in Mobilitäts-Start-ups getätigt, und die Bandbreite an neuen Ideen und technologischen Entwicklungen scheint unerschöpflich. Die Angebote treffen auf offene Ohren der Konsumenten. Denn war der Mobilitätsgedanke vor rund 50 Jahren noch untrennbar mit dem Fahrzeug verknüpft, so versinnbildlicht heute das Smartphone am besten den Zugang zu einer Reihe an Mobilitätsangeboten – weit über das Fahrzeug hinaus. Der Kunde nutzt, was er gerade braucht, und so steht nicht mehr der Besitz, sondern vor allem die Fahrzeugnutzung im Vordergrund.
Und damit sehen sich auch die Automobilhersteller zunehmend mit der Frage konfrontiert, wie sie sich als Anbieter von Mobilitätslösungen im Markt behaupten können. Sie entwickeln mit Hochdruck neue Nutzungsmodelle wie Carsharing oder bringen Mobilitätsdienste auf den Markt. Neben den Veränderungen im Vertrieb ergeben sich durch den neuen Mobilitätsgedanken auch für den Service neue Anforderungen. Mit der Ent-Emotionalisierung des Fahrzeugs sind die Kunden nicht mehr bereit, viel Zeit und Aufwand in den Service ihres Fahrzeugs zu stecken. Berücksichtigt man darüber hinaus auch das zunehmende Flottengeschäft, so gewinnen auch der wirtschaftliche Aspekt und die Vermeidung von Ausfallzeiten durch Service- oder Reparaturaufenthalte an Bedeutung.
Serviceformate überdenken
Damit ist der beste Service also der, den
der Kunde überhaupt nicht wahrnimmt.
Für die Werkstätten bedeutet das, ihre
klassischen Serviceformate zu überdenken. Denn das vorherrschende Kundenerlebnis ist alles andere als einfach und
bequem. Vielmehr ist zu beobachten, dass
die Digitalisierung in den letzten Jahren
sogar zu einer Verlagerung des Serviceprozesses hin zum Kunden geführt hat.
Die Fülle an Entscheidungen, die der
Anwender beispielsweise bei der Vereinbarung eines Servicetermins – sei es telefonisch oder digital – treffen soll, reicht von
der Abfrage der Fahrgestellnummer, über
das Wissen zum Servicebedarf und Ersatzmobilität hin zum Schaffen von Preistransparenz oder nur der Aktualisierung von
Kundendaten. Diese Komplexität steht
ganz im Gegensatz zu Bedürfnissen, wie
maximale Vereinfachung und Alltagsintegration, welche der Kunde in anderen
Branchen bereits erfüllt bekommt.
Serviceerfahrung vereinfachen
Ziel muss es also sein, die Digitalisierung
von Customer Touch Points und die Möglichkeiten der Vernetzung zugehöriger
Datenquellen im Service so zu nutzen,
dass die Serviceerfahrung für den Kunden
so weit wie möglich vereinfacht wird. Im
Idealfall heißt das, die bestehende Komplexität bis hin zu einer simplen Ja-Entscheidung für den Kunden zu reduzieren.
Der Handel ist aufgerufen, sich seine
Nähe zum Kunden und damit das Wissen
über den Kunden zum Vorteil zu machen.
Denn dieses Wissen und die daraus resultierenden Daten sind die Basis für neue
Formen der Kundenkommunikation, etwa über digitale Assistenzen wie Alexa
oder auch Virtual Reality
Neuausrichtung der Werkstätten
Die Abnahme des persönlichen Kundenkontakts fordert eine Neuausrichtung der
Werkstätten. Durch neue Formate, wie
beispielsweise eine „Service Factory“, rücken Kernkompetenzen wie die Fahrzeugwartung und -reparatur wieder in
den Fokus. Charakterisierend ist die Verlagerung der Werkstätten in urbane,
günstigere Randgebiete und die Verlagerung des Kundenkontakts weg von der
Werkstatt hin zu neuen Fahrzeugübergabepunkten in der Stadt. Nutzbare Skalierungseffekte sowie hohe und kontinuierliche Auslastungsraten sind ökonomische
Anreize, um im zunehmenden Flottenund Businesskundengeschäft wettbewerbsfähig zu sein.
Anforderungen an Werkstattabläufe
Wird der Serviceprozess mit den neuen
Angeboten für den Kunden stark vereinfacht, so steigen gleichzeitig die Anforderungen an die Werkstattabläufe. Zu bestehenden Kernprozessen wie Termin- und
Werkstattplanung, Teiledisposition und
Bevorratung oder der Auftragsabwicklung
kommen neue Kompetenzen hinzu. Dazu
zählen etwa die Fahrzeuglokalisierung
gekoppelt mit der Bedarfsidentifikation
des Kunden und eine intelligente Routenplanung für die Fahrzeugverbringung
zwischen Übergabepunkt und Werkstatt.
Das perfekte Zusammenspiel aller Prozesse und Systeme bildet die Voraussetzung
für ein gelungenes Serviceerlebnis für den
Kunden.
Auch mit Ausblick auf das Autonome Fahren, welches der Branche bevorsteht, erwartet das Servicegeschäft einen weiteren Wandel. Digitale Dienste, Remote Service oder gar die autonome Verbringung des Fahrzeugs ohne Fahrer werden das Serviceerlebnis des Kunden prägen.