EU Data Act – Folgen für die Automobilindustrie | NTT DATA

Fr, 21 April 2023

Der EU Data Act: Auswirkungen auf die Automobilindustrie

Der EU Data Act ist eine neue Verordnung, die von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurde, um die Verwendung von Daten innerhalb der Europäischen Union zu regeln. Dabei soll der Data Act den fairen Zugang zu und die Nutzung von Daten harmonisieren. Die Folgen des EU Data Acts für die Automobilindustrie untersucht dieser Beitrag.

Was verbirgt sich hinter dem EU Data Act?

Das Datengesetz ist Teil der europäischen Datenstrategie, die darauf abzielt, das wirtschaftliche Potenzial wachsender Datenmengen durch neue Regelungen zu nutzen und einen wettbewerbsfähigen Datenmarkt zu fördern. Das Gesetz strebt ein Gleichgewicht zwischen dem Recht auf Zugang zu Daten und Anreizen für Investitionen in Daten an, um einen wettbewerbsfähigen Datenmarkt zu schaffen.

Neuer Standard für den Datenaustausch

Der EU Data Act schafft einen neuen Rechtsrahmen für den Austausch von Daten. Ziel ist es, rechtliche, wirtschaftliche und technische Hindernisse für die Nutzung von Daten zu beseitigen. Insbesondere für Daten, die bei der Nutzung vernetzter Produkte erzeugt werden, soll ein fairer Zugang zu und der Austausch von Daten geregelt werden. Die folgenden Punkte sind als Teil eines neuen Standards für den Datenaustausch zu verstehen:

  • Daten sollen zukünftig von den sammelnden Unternehmen den Nutzern kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.
  • Nutzer von Anwendungen und Produkten im Kontext des Internet of Things (IoT) (darunter fallen z. B. auch Connected Cars) sollen die Möglichkeit haben, zu bestimmen, wie mit den Daten umgegangen wird. Die Nutzer sollen rechtlich und technisch in der Lage sein, auf die von ihnen erzeugten Daten zuzugreifen und diese auch an Dritte weiterzugeben. Das Datenschutzgesetz sieht also vor, dass die Nutzer als Urheber der Daten künftig ein Mitspracherecht darüber erhalten, welche Partei unter welchen Bedingungen einen Mehrwert aus den Daten generieren darf.
  • Der Data Act enthält eine Verpflichtung – das so genannte „Accessibility by Design“-Prinzip – wonach Geräte und Dienste so konzipiert und hergestellt werden müssen, dass die Daten für den Nutzer auf einfache, sichere und ggf. direkte Weise zugänglich sind.
  • Einseitig formulierte Vertragsklauseln über den Zugang zu Daten und deren Nutzung können künftig für unwirksam erklärt werden, wenn sie Wettbewerber oder Verbraucher benachteiligen.
  • Daten umfassen sowohl personenbezogene als auch nicht-personenbezogene Daten, was bedeutet, dass der Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes über den der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hinausgeht.

Was der Data Act für die Automobilindustrie bedeutet

Die Automobilindustrie integriert bereits seit Jahren datengesteuerte Technologien in ihre Fahrzeuge und das neue EU-Datenschutzgesetz wird zweifellos Auswirkungen auf die Branche haben.

Connected Vehicles als „vernetzte Produkte“ im Sinne des EU Data Act sind von der Gesetzgebung besonders betroffen, da sie kontinuierlich Daten aufzeichnen und übermitteln – sei es zum Fahrerprofil, zum Fahrverhalten, zur Umgebung oder zum Fahrzeug selbst. Aber auch die OEMs selbst und ihre Zulieferer sind im Zuge der Transformation ihrer Geschäftsmodelle zunehmend auf Daten angewiesen. Als Beispiele, in denen dies zukünftig von besonderer Relevanz sein wird, sind der Direktvertrieb sowie die Veränderung der Handelsorganisationen hin zum Agenturmodell oder die Erweiterung der Geschäftstätigkeiten hin zu Mobilitätsdienstleistungen zu nennen.

In diesem Zusammenhang werden die OEMs zukünftig verstärkt Endkundendaten erheben und die sich daraus ergebenden Potenziale nutzen wollen. Dabei ist zu beachten, dass der EU Data Act für die Automobilhersteller nicht zwangsläufig von Vorteil sein muss. Zwar schafft die Verordnung einen neuen Rechtsrahmen für den Datenaustausch in der Automobilindustrie, dies lässt sich aber durchaus als zweischneidiges Schwert betrachten. Einerseits könnte eine größere Offenheit beim Datenaustausch gerade für die Automobilindustrie Vorteile bringen, etwa bei der Verbesserung von Assistenzsystemen, der Aufklärung von Unfällen oder der Erleichterung von Reparaturen durch freie Werkstätten. Auf der anderen Seite könnten Hersteller und Zulieferer einen Nachteil darin sehen, dass die von den Fahrzeugen generierten Daten große Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle bieten und sie daher die Daten nicht ohne weiteres an Dritte weitergeben wollen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Automobilindustrie insbesondere in folgenden Punkten vom EU Data Act betroffen sein wird:

  1. Connected Vehicles: Die Auswirkungen des EU-Datengesetzes auf vernetzte Fahrzeuge werden besonders groß sein. Vernetzte Fahrzeuge sind auf die Erfassung und Übermittlung von Daten angewiesen, und das Gesetz wird von den Unternehmen verlangen, ihre Datenpraktiken transparent zu machen. In Kombination mit dem Aspekt der Datenerhebung und-speicherung wird dies erhebliche Änderungen in der Art und Weise erfordern, wie vernetzte Fahrzeuge konzipiert und entwickelt werden.
  2. Datenerhebung und -speicherung: Der EU Data Act wird Unternehmen dazu verpflichten, den Nutzer:innen ihre Rechte auf Datenzugang transparent zu machen. Darüber hinaus sieht das neue Gesetz vor, dass nicht-personenbezogene Daten, die bei der Nutzung eines Produkts oder einer zugehörigen Dienstleistung anfallen, nur auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit den Nutzer:innen verarbeitet oder genutzt werden dürfen. Dies wird Auswirkungen auf die Gestaltung technischer Architekturen, eingesetzter Technologien und entsprechender Geschäftsprozesse haben und insbesondere auch neue Geschäftsfelder und -modelle betreffen.
  3. Höhere Compliance-Anforderungen und -Kosten: Eine der unmittelbarsten Auswirkungen des EU Data Act auf die Automobilindustrie werden höhere Compliance-Kosten sein. Die Anforderungen werden erhebliche Auswirkungen auf die Prozesse im gesamten Fahrzeuglebenszyklus haben – insbesondere auf die Phase der Entwicklung von Fahrzeugen und Anwendungen, aber auch in den nachgelagerten Post-Production-Prozessen im Aftersales und im Sinne einer Connected Customer Journey. Ferner sind im Rahmen eines Compliance-Management-Systems entsprechende Prozesse zur grundsätzlichen, rechtskonformen Umsetzung der Anforderungen in Fahrzeugen, Connected Car Applikationen und Services zu evaluieren und zu implementieren.

Warum das Datengesetz umstritten ist

Das Datengesetz ist ein wichtiges Element des Rechtsrahmens für eine europäische Datenwirtschaft. Es soll den Austausch und die gemeinsame Nutzung von Daten durch Unternehmen erleichtern und damit die Grundlage für KI-basierte Innovationen verbessern. Kritiker:innen befürchten jedoch, dass ein verpflichtender Datenaustausch zu Verzerrungen im globalen Wettbewerb führen könnte, da insbesondere in den USA und China größere unternehmerische Freiheiten im Hinblick auf Anforderungen an die technische Umsetzung, Informationspflichten und Vertragsfreiheit bestehen.

Ausblick – sektorspezfische Ergänzungen zum EU Data Act

Der EU Data Act wird erhebliche Auswirkungen auf die Automobilindustrie haben -insbesondere im Hinblick auf vernetzte Fahrzeuge. Die größten Auswirkungen sind auf die Art und Weise zu erwarten, wie die Branche (zusammen-)arbeitet und wie Fahrzeuge zukünftig entwickelt werden. Ebenso werden neue Geschäftsmodelle, die unter anderem auf dem Austausch von Daten in Ökosystemen basieren, von der neuen Verordnung betroffen sein. Es ist wichtig, dass die Automobilhersteller Maßnahmen ergreifen, um die Einhaltung des Gesetzes zu gewährleisten. Auf diese Weise kann die Branche weiterhin innovativ sein, neue Technologien entwickeln und gleichzeitig sicherstellen, dass Daten gesetzeskonform verwendet werden. Dennoch gibt es Herausforderungen im Hinblick auf zukünftige Anwendungsfälle, da die von Fahrzeugen generierten Daten neue Geschäftsmöglichkeiten für Automobilhersteller und Zulieferer eröffnen. Da sich der Data Act derzeit noch im Entwurfsstadium befindet, ist bis zur endgültigen Verabschiedung und dem Inkrafttreten noch mit inhaltlichen Anpassungen oder branchenspezifischen Ergänzungen, z. B. für die Automobilindustrie, zu rechnen.

Zusammenhang mit dem EU AI Act

Der Zusammenhang zwischen dem EU AI Act und dem EU Data Act besteht darin, dass KI-Systeme auf Daten angewiesen sind und Daten der Treibstoff für KI sind. Um KI-Systeme entwickeln und einsetzen zu können, die dem EU AI Act entsprechen, müssen Unternehmen und Organisationen sicherstellen, dass sie Zugang zu qualitativ hochwertigen Daten haben, die den Anforderungen des EU Data Act entsprechen. Dies bedeutet, dass die Daten auf transparente und nachvollziehbare Weise erhoben, verarbeitet und genutzt werden müssen und dass angemessene Schutzmaßnahmen zum Schutz der Privatsphäre und der Sicherheit vorhanden sein müssen.

In diesem und einem weiteren Blogbeitrag zeigen wir daher auf, welche Auswirkungen die neuen EU-Verordnungen auf die Automobilindustrie haben und was die Branche jetzt tun muss, um zukünftig rechtskonform und innovativ zu agieren.


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