Wie das Europa Japan Abkommen die Automobilindustrie beeinflusst | NTT DATA

Dienstag, 11. Jun 2019

Wie das Europa Japan Abkommen die Automobilindustrie beeinflusst

Nach der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Japan fand am 16. und 17. Mai 2019 in Mailand das EU Japan EPA Forum statt. Als Digitalisierungsberatung mit japanischen Wurzeln war NTT DATA hier ebenfalls vertreten: So konnte unser Kollege Christian Seider im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Vertretern der Automobilbranche über die Auswirkungen des Abkommens auf die Automobilmärkte in Japan und der EU sprechen.

Dass das EU-Japan Economic Partnership Agreement (kurz EPA oder auch JEFTA) einen enormen Einfluss haben wird, wird mit einem Blick auf die Zahlen schnell klar:


Anders gesagt: Bei diesem Freihandelsabkommen handelt es sich um nichts Geringeres als die größte Freihandelszone der Welt. NTT DATA als Unternehmen mit Hauptsitz in Tokio blickt einem solchen Abkommen natürlich mit freudiger Erwartung entgegen, da reduzierte Handelshemmnisse und garantierter Investitionsschutz zu einer Intensivierung internationaler Handelsbeziehung führen können.

Wie beeinflusst das EU Japan Abkommen die Automobilindustrie?

Potential für europäische Unternehmen am japanischen Markt

Bisher kosteten tarifäre Handelshemmnisse Unternehmen beider Seiten Schätzungen zufolge jährlich etwa eine Milliarde Euro. Die EU rechnet für das kommende Jahr mit einem Exportanstieg nach Japan um 20 Milliarden Euro. Nach Schätzungen des Münchner Ifo-Instituts könnte das deutsche Bruttoinlandsprodukt dank des Abkommens sogar um bis zu 0,7 Prozent pro Jahr wachsen.

Besonderheiten für die Automobilindustrie: Käse gegen Autos?

In den Medien wird das Abkommen oft vereinfacht als Deal „Käse gegen Autos“ bezeichnet. Woher die Bezeichnung kommt erklärt sich bei Betrachtung einiger Hauptpunkte des Abkommens: Japan öffnet mit dem Abkommen seine Märkte in den Bereichen Landwirtschaft, Chemie und Maschinenbau, die EU im Gegenzug vor allem ihren Automobilmarkt. Dennoch könnten die Vorzüge des Abkommens für die Automobilbranche bilateraler Natur sein: Japan ist dafür bekannt, ausländische Wettbewerber durch speziellen Normen und Standards herauszufordern. Da man sich im Abkommen auf die Anerkennung internationaler Standards geeinigt hat, wird der japanische Markt bedeutend attraktiver für deutsche Automobilhersteller. Nichts desto trotz bringt der japanische Markt einige Besonderheiten für europäische OEMs mit, wie unsere Berater bei NTT DATA wissen:

1. Japan hat eine hohe Bevölkerungsdichte und entsprechend herrscht insbesondere in Städten wie Tokyo, Yokohama oder Kyoto Platzmangel. Die Straßen sind oft überfüllt und nah am Ziel gelegene Parkplätze dementsprechend schwer zu finden. Deshalb gibt es eine gesetzliche Regelung die besagt, dass Besitzer von Fahrzeugen einen eigenen (und das bedeutet in Japan: einen teuren) Parkplatz nachweisen müssen. Ausnahme hiervon: sogenannte KEI cars. Die klein gehaltenen Autos mit einem Motor von unter 660 Kubikzentimeter Hubraum sind zudem steuerlich begünstigt. Aus diesen Gründen liegt der Anteil für Kleinwagen in Japan bei in etwa 45 Prozent – und damit fast doppelt so hoch wie in Deutschland – im Durchschnitt verfügt jeder japanische Haushalt über zwei KEI Cars. Diese und andere Fahrzeuge sollten im Land der aufgehenden Sonne zudem mit einem auf die Insassen abgestimmten Entertainment-Programm ausgestattet sein – wer täglich Stunden im Stau steht, wird gerne unterhalten.  

  

2. Auch die E-Mobilität ist ein großes Thema in Japan: Die japanische Regierung hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2030 zwischen 20 und 30 Prozent Marktanteil für Elektroautos zu haben – und das weltweit. Europäische Autobauer müssen sich gut positionieren, um im Markt der alternativen Antriebe nicht leer auszugehen, weiß auch Christian Seider:

„Der Bereich der E-Mobilität ist natürlich ein sehr interessanter und wird von allen Marktteilnehmern in Europa ernst genommen. Vergünstigte Importbedingungen in die EU für die außereuropäische Konkurrenz führt bei den europäischen OEMs natürlich nicht zu Begeisterung. Aber zumindest was die jeweiligen Importzölle von 0% angeht, bestehen dann gleiche Wettbewerbsbedingungen auf beiden Seiten.“

3. Durch das Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU werden in den kommenden sieben Jahren die Einfuhrzölle auf Personenfahrzeuge aus japanischer Fertigung von derzeit zehn auf null Prozent gesenkt werden. Und nicht nur das – auch sämtliche Zölle auf die Automobilteile der Zuliefererunternehmen fallen weg. Zwar haben viele japanische Hersteller längst eigene Produktionsstätten in Europa und beschäftigen insgesamt über 165.000 Mitarbeiter in Europa, dennoch gehen Industrievertreter davon aus, dass die Japaner ihre Auto-Exporte in die EU von derzeit 660.000 Fahrzeugen pro Jahr noch deutlich steigern werden – was ein gewisses Risiko, dass Fertigung durch die gesenkten Zölle nach Japan rückverlagert wird, durchaus impliziert.

Wer hat mehr Möglichkeiten – die japanische oder die deutsche Autoindustrie?

„Wenn wir die Hard-Facts betrachten, dann eröffnen sich für die japanische Autoindustrie mehr Möglichkeiten als für die europäische – 10% Zölle die wegfallen sind schon ein enormer Vorteil. Dass sich Japan zu den Regelungen der UNECE bekennt ist dagegen ein vergleichsweise geringes Entgegenkommen – zumal für unsere Kunden der Premiumautomobilbranche die Homologation keine unüberwindbare Herausforderung darstellt. Eventuell ist dies für Klein- und Mittelklassewagen natürlich interessant.“

sagt Christian nach der Diskussion in Mailand. Auf die Frage was zu einer Stärkung der Marktposition europäischer OEMs in Japan führen könnte (Im Jahr waren von 5,2 Mio. Neuzulassungen in Japan 4,9 Mio. Fahrzeuge aus japanischer Fertigung) ist er sich sicher:

 

„Einen echten Impact können wir nur dann erreichen, wenn wir mit technologischen Vorzügen Nachfrage wecken. Durch Begeisterungsfaktoren in innovativen Bereichen wie “connected, autonomous, shared and electrified plus Customer Experience“ (CASE+), kann auch in einem besonderen Markt wie Japan der Einstieg und Ausbau der europäischen Marktanteile gelingen!“

Alles in allem wird JEFTA für die Automobilbranche einen Einfluss haben, den es sich lohnt zu beobachten. Besonders spannend wird die Entwicklung, ob JEFTA den Namen „Autos gegen Käse“ behält, oder den europäischen OEMs mit innovativen Produkten und überzeugenden Geschäftsmodellen ein Geschäftsausbau im weltweit drittgrößten Automobilmarkt gelingt und es doch ein „Auto gegen Auto“-Abkommen wird. In jedem Fall wird NTT DATA die Entwicklungen in den nächsten Jahren mit positiver Spannung verfolgen und freut sich sehr auf die kommenden Höchstleistungen der Abkommenspartner. Ganbatte – gib dein Bestes!






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