„Echtzeitzahlung versus Kartenzahlung“ – ein Interview mit | NTT DATA

Mittwoch, 24. Jul 2019

„Echtzeitzahlung versus Kartenzahlung“ – ein Interview mit Stefan Quermann

Der Payment-Markt – vor allem im Bereich Cards – entwickelt sich momentan rasant. Wir fragen Stefan Quermann, Head of Payments NTT DATA Deutschland, zu seiner Meinung zum Thema „Echtzeitzahlung versus Kartenzahlung“.

Anja Dembeck: Stefan, setzt sich die Echtzeitzahlung am POS durch? Ist dies deiner Meinung nach abhängig von den Kosten?

Neue Lösungen benötigen eine breite Akzeptanz, um sich am Markt durchsetzen zu können. Zu viele konkurrierende Technologien und Anbieter verwirren die Verbraucher nur. Die Frage ist, ob die Echtzeitzahlung den Markt auf lange Sicht verändern kann. Viele Institute werben mit der schnellen Überweisung via Instant Payment. Der aktuelle Hype um Instant Payments ist insofern gut, als dass das Thema SEPA mit neuen Dimensionen wieder in den Vordergrund rückt. Der Standard „SCT Inst“ für Instant Payments ist so eine Neuentwicklung, die nicht nur für Banken, sondern vor allem für den Handel interessant ist.

Echtzeitzahlung versus Kartenzahlung

Neben einer guten Infrastruktur ist aber auch entscheidend, ob Payments-Produkte darauf zu einem sinnvollen Preis entwickelt werden können. Bei den aktuellen Preisen für Instant Payments muss man schon prüfen, ob diese im Verhältnis zu Kartenzahlungen akzeptabel sind. Die Frage ist aber, welche Vorteile bzw. welche Notwendigkeit sieht der Verbraucher, eine schnelle bzw. sofortige Zahlung am Point of Sale auszulösen – vor allen Dingen dann, wenn für ihn Kosten anfallen.

Anja: Und wie sieht es aus deiner Sicht im internationalen Vergleich aus?

Ein Blick in Richtung Asien und Mexico, vor allem aber auch in Richtung des nahegelegenen Euro-Landes Niederlande zeigt, dass Echtzeitzahlungen dort schon zum „new normal“ geworden sind. Banken nutzen Echtzeitzahlungen, um neue Zahlungsverkehrsprodukte und -dienstleistungen – unter Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse –  zu entwickeln und Innovationen voranzutreiben. Asiatische Banken erheben für kommerzielle Echtzeitzahlungen Gebühren, aber für Verbraucher sind diese in der Regel kostenlos. Niedrige oder keine Gebühren für Sofortzahlungen werden auch in den Niederlanden angestrebt. Die Banken haben ihre Preise zum Teil noch nicht veröffentlicht und entscheiden individuell. Eine Entwicklung, die sich auch in Deutschland abzeichnet. Eine der größten Herausforderungen vieler Banken wird deren Legacy-Infrastruktur bleiben, deren Anpassung in der Regel sehr teuer ist und wenig Flexibilität bietet.

 

Die Wertschöpfungskette im Zahlungsverkehr wird sich neu verteilen. Die Use Cases von Echtzeitzahlungen müssen von allen Marktteilnehmern erkannt, geschätzt und in den Prozessen genutzt werden. Banken und Handel müssen enger zusammenarbeiten und gemeinschaftlich positive Entwicklungen, wie z.B. die Verknüpfung mit innovativen Mehrwertdiensten, anstoßen. Es ist also wichtig, möglichst schnell möglichst viele aktive Teilnehmer für Echtzeitzahlungen zu gewinnen und die Geschwindigkeit bei der Etablierung zu erhöhen. Nur so kann das Produkt auch entsprechend skalieren und zu sinnvollen und transparenten Preisen angeboten werden.


Anja:
Im Artikel des IT-Finanzmagazins „Bundesbank warnt vor Dominanz von Apple und Google“ fordert die Bundesbank mit Nachdruck eine europäische Alternative zu den amerikanischen Bezahlangeboten für den Einkauf per Smartphone und im Internet. Was hältst du von der Forderung des Bundesbank-Vorstandes Burkhard Balz zur Schaffung einer europäischen Alternative gegen die Dominanz der internationalen Zahlungssysteme bzw. deren Einzug im deutschen Markt?

Meiner Meinung nach hat die Bundesbank recht in dem was sie sagt: Selbstverständlich muss die Bankbranche mit geeigneten Produkten und Angeboten auf die Offerte der Technologiekonzerne reagieren. Eine europäische Bezahllösung als Antwort auf die marktbestimmenden globalen Akteure, wie Kreditkartenunternehmen und Technologiekonzerne, muss geschaffen werden. Vor allem: Eine europäische Bezahllösung würde Kunden und Banken enger verbinden.

Wird es keine Gegeninitiative zu den amerikanischen Bezahlangeboten geben, könnten künftig zentrale Zahlungsplattformen, wie z.B. Pay Pal oder Amazon Pay, ihre Bedeutung ausbauen. Der Plattformbetreiber bietet eine Abwicklung aus einer Hand, er hält die Guthabenkonten, bestimmt die Art und Weise der Abwicklung sowie die Preise für die angebotene Dienstleistung. Außerdem erhält er einen umfassenden Einblick in die anfallenden Daten seiner gesamten Kunden –  nämlich auf Auftraggeber- und Empfängerseite. Mit Facebook hat sich kürzlich ein weiterer Tech-Konzern eingeschalten, der mit „Calibra“ nicht nur Payments verändern, sondern sogar das Identity Management revolutionieren will.


Begrüßenswert ist in diesem Zusammenhang die Aussage des Bundesbank-Vorstandes Burkhard Balz, dass
eine Art Marke für europäische Zahlungen" Chancen eröffnet, sich im digitalen Zahlungsmarkt kraftvoller zu positionieren.

Die Bundesbank befürwortet die Überlegungen, das etablierte Zahlungsmittel der Deutschen Kreditwirtschaft „die girocard“ aufzuwerten und „europatauglich“ zu gestalten. Die Bankenindustrie ist aufgefordert, ihre Prozesse in Bezug auf die Entwicklungen im Euro-Zahlungsverkehr bei Echtzeitzahlungen zu beschleunigen. Nicht zu vernachlässigen ist der neue paneuropäischen Standard für das „Request to Pay-Verfahren“ der EBA.

Durch dieses Verfahren könnten viele verschiedene Anwendungsfälle berücksichtigt werden, in denen zusätzlich Request to Pay-Mehrwerte geschaffen werden könnten. Vielleicht auch einen Mehrwert für den deutschen Markt?

Anja: Vielen Dank für das Gespräch, Stefan!

 

Haben Sie Interesse an weiteren Beiträgen zum Thema Instant Payments und Payments der Zukunft?

„Das Interesse des Handels an Instant Payments ist hoch“, sagt Ulrich Binnebößel, Zahlungsverkehrsexperte vom Handelsverband Deutschland - HDE - e.V. Hier setzt das von HDE und GS1 Germany auf den Weg gebrachte Mobile Payment-Projekt „Händlerinitiiertes Instant Payment am POS“ (kurz HIPPOS) an. Lesen Sie mehr in unserem nächsten Blog-Beitrag – wir sprechen mit Ulrich Binnebößel.

Stefan Quermann verantwortet bei NTT DATA Deutschland den Themenbereich Payments und steht Ihnen für Feedback oder Fragen zum Artikel gerne zur Verfügung: stefan.quermann@nttdata.com

 


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