Connected Driving und Cybersecurity: Chancen und Risiken für Versicherte und Versicherungen | NTT DATA

Mo, 21 November 2022

Connected Driving und Cybersecurity: Chancen und Risiken für Versicherte und Versicherungen

Autos sind heute Computer auf Rädern und liefern Unmengen an unterschiedlichsten Daten. Können dabei klassische Versicherungsunternehmen mit den Veränderungen der digitalen Zukunft Schritt halten? Oder müssen sie sogar das Feld für Tech-Unternehmen räumen, die sich in der Versicherung breit machen? Experten aus der Versicherungsbranche geben Einblicke, was eine vernetzte Zukunft für Versicherungsportfolios bedeutet.

Das Cross-Industry-Forum, veranstaltet von NTT DATA und dem InsurTech Hub Munich, befasst sich mit aktuellen, branchenübergreifenden Trends und Themen an der Schnittstelle von Automobil- und Versicherungsbranche. Die Veranstaltung im Januar dieses Jahres legte den Fokus auf Connectivity und Cybersecurity bei vernetzten Fahrzeugen und bringt IT Security-Profis mit Experten dreier Versicherer zusammen.

Daten sind der Schlüssel

Data Analytics-Experten der HUK prognostizieren, dass bereits im Jahr 2025 die Hälfte der in Deutschland versicherten Fahrzeuge vernetzt sein wird  – für das Jahr 2035 liegen die Prognosen sogar bei über 90 Prozent. Vernetzte Fahrzeuge werden immer häufiger als “Data Center on Wheels” bezeichnet. Eine Vielzahl vernetzter Controller (ECUs) – 100 bis 120 pro Fahrzeug ist heutzutage gängig – tauschen erzeugte Daten über immer mehr Kommunikationsschnittstellen mit den Fahrzeugherstellern, der Umwelt oder auch dem Internet aus. Über GSM, LTE oder 5G-Module lassen sich die Fahrzeuge mit dem Internet verbinden. Die dadurch ermöglichte V2X-Kommunikation erlaubt es dem Fahrzeug, auch mit anderen Fahrzeugen oder Komponenten auf der Straße wie Ampeln zu kommunizieren.

Diese Daten sind aus verschiedensten Gründen für Versicherungsunternehmen interessant, wie Thorsten Gomann, Head of Data Analytics P&C der Generali, ausführt: Im Falle eines Unfalls können Telemetrie-Daten Hinweise auf den Hergang des Unfalls geben, bspw. ob sich das Auto zum Zeitpunkt des Zusammenpralls bewegt hat und aus welchem Winkel der Aufprall erfolgt ist. So lässt sich nachvollziehen, wer den Schaden verursacht hat.  Ebenso können die Daten für das Pricing eine Schlüsselfunktion darstellen: Anhand des gemessenen Fahrverhaltens kann der Versicherer ein Risikoprofil der Fahrenden inklusive Unfallrisiko abbilden und die Beitragshöhe danach ausrichten.

Chancen und Risiken

Warum sollten Versicherte ihren Versicherern Einblicke in ihr Fahrverhalten geben?  Einige Daten möchte nicht jeder von sich teilen, wie beispielsweise die Telefonie-Daten während der Fahrt oder Informationen darüber, wie oft der Sicherheitsgurt ausgelöst wurde. Dr. Thomas Körzdörfer, Lead Data Scientist der HUK-Coburg, hat die Erfahrung gemacht, dass Versicherte durchaus bereit sind, diese Daten für eine Gegenleistung zu teilen: Wer sein Fahrzeug bei einem der größten Kfz-Versicherer Deutschlands versichert, kann durch die Nutzung eines Telematik-Tarifs bei sicherer, risikoarmer Fahrweise bis zu 30% der Prämie sparen. Denn anders als bei Technologie-Unternehmen oder Social Media müssen Versicherungen noch immer Anreize schaffen, damit Nutzer ihre Daten teilen. Darüber hinaus muss auch der Automobilhersteller bereit sein, die entsprechenden Daten freizugeben.

Gleichermaßen birgt die Vernetzung des Fahrzeugs aber auch einige Risiken. Vernetzte Fahrzeuge besitzen mehr als 15 verschiedene Angriffsvektoren, darunter Schwachstellen in der Software von Fahrzeugkomponenten (wie bspw. der KI zur Bilderkennung), den Kommunikationsstrecken von und zum Fahrzeug oder auch in Softwarekomponenten im Hersteller-Backend. Und tatsächlich gibt es seit 2013 einen dramatischen Anstieg an Angriffen: 2020 lag die Zahl der Hacker-Angriffe bei etwa 200, im Jahr darauf waren es bereits 500. Ein solcher Angriff betrifft nicht nur Add-ons, wie Navigationssysteme, sondern stellt im schlimmsten Fall eine Bedrohung für die Insassen und andere Verkehrsteilnehmer dar. 2015 stoppten Hacker per Remote-Zugriff ein Auto auf einem US-Highway, woraufhin dieses im Straßengraben landete. In Folge musste der Automobilhersteller 1,4 Millionen Fahrzeuge zurückrufen, was Kosten von über 150 Millionen US Dollar verursachte.

Zusammengefasst ermöglicht die Telemetrie den Versicherern neue Produkte und attraktive Preismodelle, die sich auch positiv für die Versicherten und deren Customer Experience auswirken können. Um die Vorteile voll ausschöpfen zu können, müssen die Versicherer allerdings die Risiken weitestgehend abdecken. Diese sind mögliche Sicherheitslücken, die Skepsis der Kunden und nicht zuletzt die Frage nach der Haftung.

Massive Änderung der Versicherungs-Produkte

Aus Perspektive der Versicherer ist vor allem interessant, wer für den Schaden haftet, wenn ein solcher Cyber-Angriff stattgefunden hat. Die Allianz hat sich bereits der Frage gewidmet und beschäftigt sich in speziell eingerichteten Centers of Competence explizit mit Cyberattacken. Carsten Wiesenthal, Head of Global CoC Cyber Motor & Retail betont, dass zwei der großen Herausforderungen, denen sich die Versicherer kurzfristig stellen müssen, zum einen die fehlenden belastbaren Erfahrungswerte sind. Zum anderen seien aktuell Cyber-Risiken in vielen Ländern im Versicherungs-Portfolio nicht explizit ein- oder ausgeschlossen, da sie zum Zeitpunkt der Entwicklung der Versicherungs-Produkte nicht als relevant wahrgenommen wurden. Die Versicherer werden zukünftig die Risiko-Erkennung überarbeiten und auf ihre Produkte anwenden müssen, um Transparenz darüber zu schaffen, ob und wie Cyber-Risiken im Portfolio abgedeckt sind. Bisher haben sie aufgrund ihrer Expertise noch einen Vorsprung vor Tech-Unternehmen. Doch sie werden ihre Versicherungsprodukte in kürzester Zeit den neuen Risiken anpassen müssen, bevor führende IT-Unternehmen sich mit eigenen Deckungsangeboten im Versicherungsmarkt ausbreiten. 

Fazit

  • Keine Software ist zu 100 % sicher. Wichtig ist, die Risiken zu kennen und abzuwägen, wie viel man für den Schutz ausgeben will.
  • Die Risiken vernetzter Fahrzeuge zunächst zu kennen und im nächsten Schritt in ihrem Portfolio effektiv zu managen, um das Vertrauen ihrer Kunden nicht zu verlieren, ist für Versicherer immer wichtiger
  • Wenn Versicherungsunternehmen letzteres gelingt haben sie die Chance, ihre Versicherungsangebote anzupassen und durch neue Tarife Kunden zu überzeugen. 
  • Versicherer, Automobilhersteller und Experten für Cybersecurity müssen enger zusammenarbeiten, um den zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein.
  • Auch NTT DATA testet und verbessert Module für automatisiertes Fahren und Cybersecurity.

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