Functions on Demand – Katalysator beim Wandel vom Produkt | NTT DATA

Fr, 30 Oktober 2020

Functions on Demand – Katalysator beim Wandel vom Produkt zum Service

Functions on Demand (FoD) eröffnen neue vielfältige Möglichkeiten für das Angebot an Connected Services von Automobilherstellern. Steht bisher das physische Produkt noch stark im Fokus, so wird in Zukunft das digitale Serviceangebot zunehmend an Bedeutung gewinnen. Je umfangreicher dieses Angebot wird und je besser es die Kundenbedürfnisse erfüllt, desto stärker nehmen die Kunden es wahr und fragen es nach. In unserem Whitepaper haben wir bereits technologische und strukturelle Grundlagen zur Umsetzung von Functions on Demand dargelegt. Mit den im folgenden Beitrag vorgestellten sechs Ansatzpunkten können OEMs ihr Ökosystem mit digitalen Diensten strategisch ausbauen und ihr Servicegeschäft gezielt vergrößern.

Digitale Services und Functions on Demand sind eine potentiell verlockende Einnahmequelle für Automobilhersteller. Unsere aktuelle Studie zeigt allerdings: Kunden nehmen die neuen Angebote bisher nur verhalten an. Verglichen mit Smartphone-Herstellern sind die digitalen Ökosysteme der OEMs kaum wahrnehmbar. Ihnen fehlt bisher vor allem die Usability, eine kritische Masse an Nutzern und ein breites Angebot an Services. Im Rahmen einer großen Connected-Car-Studie nannten rund die Hälfte der Befragten eine ausbaufähige Usability von Connected-Car-Diensten und eine zu geringe Reife als Grund für negative Nutzererfahrungen. Welche Möglichkeiten gibt es für OEMs, sich hier besser aufzustellen?

Bei der Entwicklung von Software-bezogenen Services und insbesondere bei On-Demand-Funktionen werden sich OEMs mehr und mehr für Drittanbieter öffnen müssen und diese als Teil des digitalen Angebots integrieren. Die Entwicklung eigener Fahrzeug-Betriebssysteme wird so besonders attraktiv: Die OEMs können das Kerngeschäft von Hardware-bezogenen Functions on Demand ausschöpfen und parallel “Software-only“-Funktionen verstärkt in ihr Portfolio integrieren und ein breiteres Angebot ausbauen.

Wenn es darum geht, bereits bestehende oder neue Software over-the-air in Fahrzeuge zu laden, nutzen OEMs schon heute folgende Mechanismen zur Umsetzung der Geschäftsmodelle:

  • Software Updates – Qualitätsverbesserung der Software
  • Software Upgrades – Integration neuer Funktion kostenlos oder für Folgekäufe
  • Function/Feature on-Demand – Kauf und Aktivierung bestehender Software
Functions on demand

Digitale Dienste: Schnell und skalierbar

Aus Kundensicht stellt das vernetzte Auto ein Gesamtangebot dar. Für Automobilhersteller bietet sich jedoch an, ihr Portfolio zunächst in digitale und Hardware-bezogene Dienste zu gliedern.

Digitale Dienste sind Anwendungen, die ein Feature oder einen Service anbieten, der grundsätzlich vom physischen Produkt – in diesem Fall das Fahrzeug – abstrahiert sind und das Auto lediglich als Plattform skalierbar nutzen. Alle rein digitalen Dienste ermöglichen eine schnelle Time-to-Market. Das heißt, Automobilhersteller können mit ihnen schnell auf neue Kundenbedürfnisse eingehen und einzelne Kunden- bzw. Käufersegmente gezielt ansprechen. Dazu gehören:

  • Basis Dienste: z.B Wlan Hotspots
  • Comfort Features: z.B. Mobile Key
  • Infrastruktur Dienste: z.B. Intelligente Ladefunktionen
  • V2X und Assistenzfunktionen: z.B. prädiktive Fahrfunktionen
  • Infotainment & Apps

Die Herausforderung für OEMs dabei: Automobilhersteller zählen es heute noch nicht zum Kerngeschäft, digitale Angebote zu entwickeln und Software Features adaptiv konfigurierbar zu machen. Viele OEMs fangen erst an, Softwareentwicklung zu einer Kernkompetenz auszubauen.

Hardware-bezogene Dienste: wenig skalierbare Kernkompetenz

Hardware-bezogene Dienste sind dagegen Funktionen, die an bereits im Fahrzeug verbaute, physische Komponenten gekoppelt sind, wie etwa der nachträgliche Kauf einer Sitzheizung. Sie sind durch ihre mechanische Machart nur in vorher festgelegten Funktionsvarianten nutzbar. Eine Sitzheizung lässt sich nun mal nicht zum Airbag „updaten“. Einmal verbaut, erzeugt die Hardware Kosten, die die Hersteller in ihrer Preiskalkulation als finanzielles Risiko berücksichtigen müssen. Digitale Dienste sind dadurch preisgünstiger – auch für den Endkunden – als Hardware-bezogene Functions-on-Demand (FoD). Nichtsdestotrotz setzt beispielsweise auch Tesla auf ein On-Demand-Angebot, wie z.B. die Sitzheizung.

Die Aussicht auf zusätzliche Hardware-Funktionen ist aus Kundensicht durchaus attraktiv. Sie sind jedoch oftmals schwerer zu standardisieren und verteilen sich auf eine Vielzahl von Steuergeräten und Anzeigen. Möchten Hersteller diese Funktionen nachträglich einbringen, brauchen sie ein durchdachtes Security-, Update- und Lifecycle-Konzept. Neue Richtlinien und Regularien, wie bspw. die EU Verordnung 2019/ 2144 und die neuen UNECE Verordnungen zur Einführung von Software Updates und Cyber Security Management Systemen, erhöhen die Komplexität dieser Konzepte zusätzlich.

So können OEMs ein On-Demand-Service-Portfolio aufbauen

Der Grat zwischen Kooperation mit Drittanbietern und Konkurrenz ist schmal. Wie können sich Automobilhersteller innerhalb dieser „Coopetition“ behaupten? Mit einem systematischen Ansatz können Hersteller diese Frage beantworten.

Wir empfehlen OEMs, die Bedeutung der FoDs zu bewerten und ihre Funktion im Aufbau des Portfolios anhand folgender Kriterien zu priorisieren:

  1. Beitrag zum Wachstum des Ökosystems: Es wird bewertet, wie stark ein Angebot nachgefragt werden wird. Je mehr Nutzer auf das Ökosystem zugreifen, desto größer ist der Beitrag zum Wachstum des digitalen Environments insgesamt.
  2. Beitrag zum Ökosystem-USP: Hier sollten OEMs prüfen, wie sehr eine Funktionalität zur Differenzierung des Ökosystems im Gesamtmarkt beiträgt. Ein Service der in ähnlicher Form bereits im Portfolio enthalten ist, trägt folglich weniger zum USP des Ökosystems bei als ein völlig neuer Service oder eine Funktion, die auf einem Steuergerät liegt, das die eigene Marke differenziert.
  3. Möglichkeit zur B2B-Weiterveräußerung: Hier können OEMs bewerten, wie stark zusätzliches Geschäft generiert werden kann – sowohl inhouse, z.B. durch Einbinden von Servicestätten, als auch in Richtung von Drittanbietern, die einen höheren Anreiz für eine Kooperation oder ein attraktives Leistungsangebot haben.
  4. Integrationsaufwand bei Aktivierung in ECUs: In dieser Dimension bewerten OEMs, wie hoch der Aufwand in die Integration von Hardware – konkret in einem oder mehreren Steuergeräten – ist. Je kleiner der Integrationsaufwand, bspw. zur Sicherstellung von Missbrauchsschutz, desto geringer fallen Aufwände aus. Ein hoher Score wird also durch einen geringen Integrationsaufwand erzielt.
  5. Update-Möglichkeit: Hier wird bewertet, ob und in welchem Umfang eine Updatefähigkeit gegeben ist. Die Möglichkeit zum Update sollte grundsätzlich gegeben sein, um auf Softwarefehler, veränderte Kundenbedürfnisse oder geänderte gesetzliche Rahmenparameter entsprechend eingehen zu können.
  6. Attraktivität und Data Ownership des Services: Eine Bewertung der Attraktivität aus Sicht der User beinhaltet mehrere Faktoren, wie Usability, Reifegrad und Kundennutzen. Die Data Ownership ist ein wichtiger Faktor – beschreibt dies doch, wer die Kontrolle über die Nutzung von Daten erhält – die Zustimmung des Nutzers vorausgesetzt. Eine inhouse Data Ownership aus Sicht des OEMs ist tendenziell besser zu bewerten, als wenn die Daten bei einem Drittanbieter liegen. Ob eine Schnittstelle, bspw. zu Motordaten, jedem Entwickler zur Verfügung steht oder nur der Eigenentwicklung, entscheidet ebenfalls über die Fremdvergabe der Entwicklung.

Im NTT DATA Whitepaper erklären wir, wie sich hier weitere Umsatzmöglichkeiten für OEMs erschließen. Entscheidend bleibt jedoch das Design der Schnittstellen zum Ökosystem. Gerade der Zugang zu Daten, die im Kontext zu Aufruf-, Zusammenspiel und Fahrverhalten stehen, bietet zahlreiche Potentiale für die Monetisierung einerseits als auch für die gezielte (Weiter-) Entwicklung von Services andererseits. Big Data kommt auch in diesem Kontext eine enorme Bedeutung zu, dessen Potential in der Automobilbranche in Zukunft noch mehr genutzt werden sollte.

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